ULF MEYER & LARS HANSEN

Zuhören. Eine Tugend.

Eine Tugend, die ganz besondere musikalische Momente entstehen lässt. Das beweisen der Gitarrist Ulf Meyer und sein Flensburger Kollege Lars Hansen (E-Bass) auf ihrem Album „Scenes“ auf eindrücklichste Weise. Wenn die beiden Ausnahmemusiker im Duo spielen, vergeht nicht eine Sekunde, in der sie einfach nur nebeneinander her spielen. Indem sie sich pausenlos zuhören und in Windeseile auf den Partner reagieren, erzeugen sie eine Dynamik, die beim Zuhören berechtigte Zweifel aufkommen lässt, ob dort tatsächlich lediglich zwei Musiker am Werk sind.
„So merkwürdig es klingt, aber letztlich hatte die Pandemie für uns sogar etwas Gutes, weil sie aufgrund der Tatsache, dass wir plötzlich viel Zeit hatten, einen gehörigen Teil zur endgültigen Form des Albums beigetragen hat“, blickt Gitarrist Meyer auf die Produktion von „Scenes“ zurück. „Unsere Idee war, sämtliche Aufnahmen in unsere heimischen Studios zu verlagern und uns für die Fertigstellung so viel Zeit zu nehmen, bis wir wirklich rundum zufrieden waren. Ein bisweilen harter, aber auch sehr erfüllender kreativer Prozess“, ergänzt Bassist Hansen.
Die Kernidee stand von Anfang an fest. Zwei Musiker, die sich auf Augenhöhe begegnen. Heißt: Gitarre und Bass wechseln permanent die Rollen. Sind sie in einem Moment noch Melodieinstrument, wechseln sie im nächsten schon in die Begleitfunktion. Was nach einer vergleichsweise einfachen Idee klingt, entpuppte sich in der Praxis als kniffeliges Unterfangen. „Die Stücke sollten im bestmöglichen Glanz erstrahlen und die sehr unterschiedlichen Stimmungen so intensiv wie möglich transportieren“, erklärt Meyer den musikalischen Gedanken des Projekts, in dem jedes Stück für eine andere Szene steht, die sich vor dem inneren Auge des Zuhörenden abspielt.

Ulf Meyer / Lars hansen Photo © by Katrin Storsberg

Ulf Meyer / Lars Hansen  2020 Photo  © by Katrin Storsberg

Im opulenten „The Fjord“ entführen Meyer und Hansen ihr Publikum in ihre Heimat – die Flensburger Förde. Ein Stück, das sie sich in der finalen Fassung hart erarbeiten mussten. „Meine ursprüngliche Idee, das Stück mit einer Steel String-Gitarre zu spielen funktionierte nicht. Auch andere Versuche brachten nicht den gewünschten Erfolg. Der stellte sich erst ein, als ich zu einer E-Gitarre griff, die fast wie eine akustische Gitarre klingt. Das sind diese besonderen Momente, in denen musikalisch die Sonne aufgeht“, freut sich Meyer und erklärt den Arbeitstitel „Local Beero“: „Den hatte ich gewählt, weil mich das Thema an Mark Knopflers ‘Local Hero` erinnert. Beim Komponieren hatte ich immer diese Bucht in Schottland mit der roten Telefonzelle vor Augen, in der Abschnitte des gleichnamigen Films spielen.“
Zum Glück erwiesen sich nicht alle Titel als derart widerspenstig, ehe das perfekte Arrangement gefunden war. Bei „Invocation“ - aus der Feder von Bobby McFerrin - war schnell klar, in welche Richtung die Adaption gehen sollte. „Ich hatte im Netz eine Version von McFerrin im Duett mit dem Bassisten Richard Bona gesehen. Die haben mit der Musik förmlich jongliert und sich die Bälle auf derart amüsante Weise zugespielt, die mir höchstes Vergnügen bereitete. Mehr Spaß geht einfach nicht“, erinnert sich Meyer. „Das war tatsächlich eine Art Blaupause für unser Duo“, bestätigt Bassist Hansen und ergänzt: „Auch die Kompositionen von Ulf mit ihren eingängigen und intensiven Melodien, die gut verdaulich, aber nie banal sind - boten beste Grundvoraussetzungen“.
Mal groovend-zupackend wie in „Off Beat `88“, mal feinfühlig-melancholisch wie in „Memento“. Ein Stück in der Art eines kleinen Requiems, das dank Gastmusiker Heinz  Lichius an der Snare Drum eine ganz besondere, leise Dramatik erhält. „Das Stück haben wir Freunden und Kollegen aus unserem engeren Umkreis gewidmet, die wir leider viel zu früh verloren haben“, erklären Meyer und Hansen. 
Wer genau hinhört, findet auch in anderen Kompositionen zusätzliche Sounds, die die jeweilige Atmosphäre der Stücke dezent, aber wirkungsvoll verstärken. „Wir sprechen in diesem Zusammenhang lieber von Farben. Man spürt sie eher, als dass man sie hört“, betont Meyer.
Gänzlich ohne Zusätze kommt der Klassiker „Sunny“ aus - hier mit Spielwitz dargeboten in einer Live-Version aus dem Flensburger Orpheus-Theater. Sie bietet lebendiges Kontrastprogramm der schönsten Sorte. „Feines Gespräch, das ihr hier führt“, wie ein Nutzer den Videoclip auf Youtube passend kommentiert. Womit wir wieder beim Grundgedanken wären – dem Konzept des Zuhörens und des Interagierens. Eine Kunst, die die beiden Saitenvirtuosen vorzüglich beherrschen. In songorientierten Stücken, die aus allen musikalischen Ecken kommen können. Obendrüber - in der Improvisation über dem Songgerüst - liegt aber vor allem eines: eine Prise feinster Jazz!.